Prof. Dr.-Ing. Lutz Beckmann ist Dekan des Fachbereichs Architektur an der Jade Hochschule. Der gebürtige Rheinländer lehrt dort seit fast 20 Jahren „Baugeschichte“ und „Entwerfen“. Im Interview erklärt er das Ziel des 85. Tages für Denkmalpflege, beschreibt die Bedeutung der Denkmalpflege innerhalb des Architektur-Studiums und verrät seine persönlichen Erwartungen an die Veranstaltung.
1. Herr Dr. Beckmann, was ist das Ziel dieser Veranstaltung?
Das Thema Denkmalpflege soll aus unterschiedlichen Perspektiven einem breiten Publikum nahegebracht werden. Einerseits gilt es ganz allgemein, das Bewusstsein für unser kulturelles Erbe zu stärken, andererseits aber auch denkmalpflegerisches Denken und den konkreten Umgang mit Baudenkmalen zu zeigen.
2. In wieweit ist die Jade Hochschule am 85. Tag für Denkmalpflege 2017 beteiligt?
Vor allem sind es natürlich die mit Bauen und unserer Umwelt befassten Bereiche der Jade Hochschule, die zum Thema Denkmal Relevantes beitragen können: Bauingenieurwesen, Geoinformation und Architektur, alle in Oldenburg angesiedelt. Bestandserfassungen im geometrischen Sinne in Form von Bauaufnahmen sind damit gemeint; die Darstellung des Erfassten für unterschiedliche Belange (Bauschadenserfassung, Bauphysik, Umgestaltung, Stilrelevanz, Ensemblewert, Bauschadenserfassung) sowie der fachgerechte Umgang mit Denkmal, wenn Handlungsbedarf festgestellt wird: denkmal-, energie- und fachgerechte Sanierungen, die Vertretbarkeit und Angemessenheit von Umnutzungen und Uminterpretationen: Es gibt viele Themen.
Der Vermessungsturm der Jade Hochschule wird auch heute noch in der Ausbildung der Studierenden eingesetzt. (Foto: Jade HS/Piet Meyer)
3. Welche Erwartungen haben Sie an die Veranstaltung?
Historische Architektur steht hoch im Kurs: Immobilienmarkt, Stadtmarketing, Tourismuswirtschaft – alle freuen sich über Historisches, weil darin Erfolgs- und Gefühlsgaranten für die jeweiligen Belange gesehen werden. Der kulturhistorische Wert baulicher Anlagen, materialgerechte und historisch und sozial korrekte Einordnung, angemessene Sanierungsmaßnahmen, lassen sich aber nur mit sorgfältiger Bestandsaufnahme, ausreichender Bedenkzeit, Fachkenntnis und Beharrlichkeit vornehmen. Das sind unter Umständen andere Kategorien als die Erstgenannten.
Eine entsprechende Relativierung des Denkmalbegriffs bzw. der Klischees, die im Zusammenhang mit historischer Architektur kursieren, würde ich mir von der Veranstaltung wünschen.
Das Oldenburger Staatstheater. (Foto: Jade HS/Piet Meyer)
4. Welche Bedeutung hat die Denkmalpflege innerhalb des Architektur-Studiums?
Im weitesten Sinne ist Architektur, und damit sind auch alle Entwurfs- und Städtebaukurse des Architektur-Curriculums eingeschlossen, immer ein Planen und Bauen im vorhandenen Baubestand. Im engeren Sinne sind das natürlich auch die Baudenkmale, deren Belange bei Planungen zu berücksichtigen sind. Der konkrete Umgang mit Baudenkmalen erfordert Einblicke in denkmalpflegerische Denkweisen, die naturgemäß nicht zwingend auf Veränderungen, „Verbesserungen“, Umplanungen, Wirtschaftlichkeit oder reine Funktionalität etc. abzielen, wie das bei Neuplanungen relevant ist. Studierende werden da behutsam herangeführt, z.B. im Rahmen von Wahlfächern mit praxiserfahrenen Denkmalpfleger_innen der Landesbehörden. Ebenfalls im Wahlfachbereich ist der Umgang mit historischen Handwerkstechniken, Baumaterialien und denkmalgerechter energetischer Sanierung angesiedelt. Architekturgeschichte und Stilkunde findet sich für alle als kulturgeschichtliches Angebot im Curriculum als Vorlesungsreihe. Allerdings ist diese nicht als Handlungsanweisung für den Umgang mit Denkmalen angelegt, sondern als kulturhistorische Grundlage.
Blick auf das Oldenburger Schloss. (Foto: Jade HS/Piet Meyer)
Herr Beckmann, vielen Dank für das Interview!
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Die Jade Hochschule nimmt gemeinsam mit mehr als 20 weiteren Akteuren am 85. Tag für Denkmalpflege teil. Wenn Sie Fragen an Lutz Beckmann haben, kommen Sie doch einfach am Sonntag, 18. Juni 2017 von 13 bis 17 Uhr nach Oldenburg. Herrn Beckmann treffen Sie in der bau_werk Halle.
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Anke Westwood
Anke Westwood, M.A. Die 52-jährige gebürtige Oldenburgerin studierte Anglistik, Germanistik und Sprachlehrforschung in Hamburg und Oldenburg. Seit 20 Jahren leitet sie die Kommunikationsabteilung der Jade Hochschule und ihrer Vorgängerinstitutionen. Zuvor war sie viele Jahre als freie Mitarbeiterin für unterschiedliche Medien tätig.
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